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Kreatin – Ja und Nein?

Sinnvolles Nahrungsergänzungsmittel oder überbewerteter Hype?

Kreatin ist eines der am besten erforschten und wirkungsvollsten Nahrungsergänzungsmittel im Bereich Sport, Fitness und Gesundheit. Während einige es als essenziellen Bestandteil ihres Trainings betrachten, sehen andere es als unnötig oder gar schädlich an. Doch was sagt die Wissenschaft wirklich? In diesem Beitrag erfährst du, was Kreatin ist, wie es wirkt, welche Vorteile es hat und ob du es tatsächlich brauchst.

Was ist Kreatin?

Kreatin ist eine organische Verbindung, die in der Leber, den Nieren und der Bauchspeicheldrüse aus den Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin synthetisiert wird. Es kommt natürlicherweise in Lebensmitteln wie Fleisch und Fisch vor und wird im Körper zu etwa 95 % in der Skelettmuskulatur gespeichert. Die Hauptfunktion von Kreatin ist die Bereitstellung von Energie für kurzfristige, intensive körperliche Aktivitäten.

Im Körper wird es in Kreatinphosphat umgewandelt, das als schnell verfügbare Energiequelle für die Muskelzellen dient. Besonders bei explosiven Belastungen wie Sprinten oder Krafttraining spielt es eine entscheidende Rolle.


Wie wirkt Kreatin im Körper?

Die primäre Wirkung beruht auf seiner Fähigkeit, die ATP-Speicher (Adenosintriphosphat) in den Muskeln zu regenerieren. ATP ist die Hauptenergiequelle des Körpers für kurze, hochintensive Belastungen. Bei Bewegung wird ATP in ADP (Adenosindiphosphat) umgewandelt und verliert dabei eine Phosphatgruppe. Kreatinphosphat hilft, ADP schnell wieder in ATP umzuwandeln, wodurch die Energiebereitstellung verbessert wird.

Dies führt zu:

  • Erhöhter Kraft- und Schnellkraftleistung
  • Verzögerter Ermüdung bei intensiven Belastungen
  • Schnelleren Erholungszeiten zwischen Sätzen oder Sprints

Außerdem bewirkt es eine vermehrte Wassereinlagerung in den Muskelzellen, was zu einer vorübergehenden Gewichtszunahme führen kann. Dieser Effekt kann sich positiv auf die Muskelproteinsynthese auswirken.


Die wissenschaftlich belegten Vorteile von Kreatin

Steigerung der Muskelkraft und -masse

Studien zeigen, dass es die Maximalkraft und Muskelmasse signifikant erhöhen kann, insbesondere in Kombination mit regelmäßigem Krafttraining. Eine Meta-Analyse von Branch (2003) kam zu dem Schluss, dass Sportler, die Kreatin supplementierten, ihre Kraft um 5–15 % steigern konnten – ein erheblicher Vorteil im Vergleich zu Placebo-Gruppen.

Verbesserte Leistung bei hochintensiven Belastungen

Kreatin hilft besonders bei kurzen, intensiven Aktivitäten wie Gewichtheben, Sprinten oder Fußball. Eine Untersuchung von Kreider et al. (2017) zeigte, dass Kreatin die anaerobe Leistungsfähigkeit deutlich verbessern kann.

Schnellere Regeneration

Es kann Muskelschäden verringern und die Erholung nach dem Training beschleunigen. Studien weisen darauf hin, dass Sportler nach intensiven Workouts weniger Muskelkater verspüren und sich schneller erholen.

Kognitive Vorteile und Schutz vor neurodegenerativen Erkrankungen

Neuere Forschungen legen nahe, dass Kreatin nicht nur für die Muskeln, sondern auch für das Gehirn vorteilhaft ist. Da das Gehirn ebenfalls ATP zur Energieversorgung benötigt, kann Kreatin kognitive Funktionen unterstützen, insbesondere unter Stressbedingungen oder Schlafmangel. Studien deuten zudem darauf hin, dass Kreatin bei Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer eine schützende Wirkung haben könnte.


Gibt es Nebenwirkungen oder Risiken?

Kreatin gilt als eines der sichersten Nahrungsergänzungsmittel. Laut der International Society of Sports Nutrition (ISSN) gibt es keine wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass Kreatin bei gesunden Menschen schädlich für die Nieren oder Leber ist.

Allerdings kann es bei einigen Menschen zu leichten Nebenwirkungen kommen:

  • Wassereinlagerungen: Kreatin zieht Wasser in die Muskelzellen, was zu einer Gewichtszunahme von 1–3 kg in den ersten Wochen führen kann.
  • Verdauungsprobleme: Bei sehr hohen Dosierungen (über 10 g auf einmal) können Magenbeschwerden auftreten.
  • Erhöhte Muskelkrämpfe oder Dehydration: Früher gab es die Annahme, dass Kreatin Muskelkrämpfe oder Dehydration fördert, doch wissenschaftliche Studien konnten dies nicht bestätigen.

Um Nebenwirkungen zu vermeiden, empfiehlt sich die Standarddosierung von 3–5 g pro Tag.


Braucht man Kreatin wirklich?

Für Sportler und Fitness-Enthusiasten: Wenn du regelmäßig Kraftsport, Sprinttraining oder intensive Sportarten betreibst, kann es dir definitiv einen Vorteil verschaffen. Es hilft dir, deine Leistung zu steigern, schneller zu regenerieren und langfristig mehr Muskelmasse aufzubauen.

Für Ausdauersportler: Auch wenn die Vorteile hier weniger ausgeprägt sind, kann es nützlich sein, um die kurzfristige Sprintleistung während eines Rennens oder die Erholung nach harten Intervallen zu verbessern.

Für Nicht-Sportler: Obwohl Kreatin für Nicht-Sportler nicht unbedingt notwendig ist, gibt es einige interessante Gesundheitsvorteile. Besonders im Hinblick auf Gehirnfunktion, Alterserscheinungen und neurodegenerative Erkrankungen könnte es eine sinnvolle Ergänzung sein.

Für Vegetarier und Veganer: Da es hauptsächlich in Fleisch und Fisch vorkommt, haben Vegetarier und Veganer oft niedrigere Kreatinspeicher. Studien zeigen, dass eine Supplementierung hier besonders große Effekte auf kognitive Funktionen und Muskelkraft haben kann.


Kreatin-Mythen: Was stimmt wirklich?

Obwohl es eines der am besten erforschten und sichersten Nahrungsergänzungsmittel ist, kursieren immer noch zahlreiche Mythen und Fehlinformationen darüber. Manche behaupten, es sei eine Art Steroid, schädlich für die Nieren oder nur für Bodybuilder geeignet. Doch was sagt die Wissenschaft wirklich? In diesem Abschnitt entlarven wir die häufigsten Mythen.

Mythos 1:Es ist ein Steroid

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Kreatin eine Art Steroid sei, das auf unnatürliche Weise die Muskeln wachsen lässt. Tatsächlich ist Kreatin jedoch eine körpereigene Substanz, die aus Aminosäuren besteht und hauptsächlich zur schnellen Energiegewinnung dient.

Anabole Steroide sind synthetische Varianten des männlichen Hormons Testosteron, das das Muskelwachstum direkt beeinflusst. Kreatin hingegen steigert die Leistung über eine verbesserte Energiebereitstellung und Wassereinlagerung in den Muskelzellen, was indirekt das Muskelwachstum fördern kann. Es hat jedoch keinerlei hormonelle Wirkung.

Mythos 2: Schädigt die Nieren oder die Leber

Einer der größten Mythen über Kreatin ist, dass es die Nieren oder die Leber belastet. Der Ursprung dieses Mythos liegt darin, dass Kreatin den Kreatininspiegel im Blut leicht erhöhen kann – ein Biomarker, der oft zur Beurteilung der Nierenfunktion verwendet wird.

Zahlreiche Langzeitstudien zeigen jedoch, dass Kreatin bei gesunden Menschen keine negativen Auswirkungen auf die Nieren- oder Leberfunktion hat. Eine Studie von Kreider et al. (2017) untersuchte die Auswirkungen über mehrere Jahre und fand keine Hinweise auf Organschäden. Allerdings sollten Menschen mit bereits bestehenden Nieren- oder Lebererkrankungen vorsichtshalber mit einem Arzt sprechen, bevor sie Kreatin einnehmen.

Mythos 3: Führt zu Dehydration und Muskelkrämpfen

Lange Zeit wurde behauptet, dass Kreatin Muskelkrämpfe verursacht und das Risiko für Dehydration erhöht. Der Gedanke dahinter war, dass es Wasser in die Muskeln zieht und dadurch weniger Wasser für andere Körperfunktionen zur Verfügung steht. Studien haben jedoch gezeigt, dass es nicht nur keinen negativen Einfluss auf die Flüssigkeitsbalance hat, sondern sogar helfen kann, das Risiko von Dehydration und Krämpfen zu reduzieren. Eine Studie an College-Football-Spielern ergab, dass Anwender seltener Krämpfe oder Dehydrationssymptome hatten als diejenigen, die kein Kreatin nahmen.

Mythos 4: Funktioniert nur mit einer Ladephase

Viele glauben, dass man in den ersten Tagen in hohen Mengen (20 g pro Tag) einnehmen muss, um die Muskelspeicher schnell aufzufüllen. Dies wird als Ladephase bezeichnet. Zwar kann eine Ladephase dazu führen, dass die Kreatinspeicher schneller gesättigt werden, aber sie ist nicht zwingend erforderlich. Studien zeigen, dass eine tägliche Einnahme von 3–5 g über mehrere Wochen denselben Effekt hat – nur etwas langsamer. Die Ladephase kann jedoch für Menschen sinnvoll sein, die möglichst schnell Ergebnisse sehen möchten.

Mythos 5: Nur für Bodybuilder geeignet

Kreatin wird oft mit Bodybuilding und Kraftsport in Verbindung gebracht, aber es bietet Vorteile für eine Vielzahl von Sportarten und sogar für die kognitive Leistungsfähigkeit.

  • Für Sprinter und Teamsportler: Kreatin verbessert die Schnellkraft und Erholung zwischen intensiven Belastungen.
  • Für Ausdauersportler: Während Kreatin nicht direkt die aerobe Ausdauer steigert, kann es die Regeneration nach intensiven Einheiten verbessern.
  • Für Ältere Menschen: Kreatin kann helfen, altersbedingten Muskelabbau zu verlangsamen.
  • Für das Gehirn: Studien zeigen, dass Kreatin kognitive Funktionen unterstützt, besonders unter Stress oder Schlafmangel.
Mythos 6: Führt zu Fettzunahme

Ein häufiger Irrtum ist, dass es zu einer Zunahme von Körperfett führt. Tatsächlich speichert der Körper dadurch mehr Wasser in den Muskelzellen, was zu einer kurzfristigen Gewichtszunahme von 1–3 kg führen kann. Dies ist jedoch keine Fettzunahme, sondern ein harmloser Effekt, der sogar die Muskelleistung verbessert.

Langfristig kann es indirekt beim Fettabbau helfen, da es die Trainingsleistung steigert und somit zu mehr Muskelmasse führt – und mehr Muskelmasse bedeutet einen höheren Kalorienverbrauch.

Manche glauben, dass der Körper durch eine konstante Kreatinzufuhr seine eigene Produktion einstellt und es deshalb notwendig sei, regelmäßig Pausen einzulegen (sogenanntes Cycling). Studien zeigen jedoch, dass die körpereigene Kreatinsynthese nach dem Absetzen schnell wieder auf normale Werte zurückkehrt. Es gibt keine Hinweise darauf, dass eine durchgehende Einnahme über Jahre hinweg negative Folgen hat. Wer Kreatin nicht dauerhaft nehmen möchte, kann es natürlich dennoch in Phasen einsetzen – dies ist aber eine persönliche Entscheidung und keine wissenschaftliche Notwendigkeit.


Fazit

Kreatin ist eines der am besten erforschten und wirksamsten Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt. Die Vorteile für Sportler sind unbestritten: mehr Kraft, bessere Leistungsfähigkeit und schnellere Regeneration. Gleichzeitig gibt es potenzielle gesundheitliche Vorteile für das Gehirn und den Stoffwechsel.

Braucht es jeder? Nein. Aber wenn du regelmäßig intensiv trainierst oder deine kognitive Leistungsfähigkeit optimieren möchtest, kann Kreatin eine lohnende Ergänzung sein – sicher, gut erforscht und mit einem hervorragenden Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Viele der gängigen Kreatin-Mythen basieren auf Fehlinformationen oder veralteten Annahmen. Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass Kreatin ein sicheres und effektives Nahrungsergänzungsmittel ist, das weit mehr Vorteile bietet als nur Muskelaufbau. Ob für Sportler, ältere Menschen oder sogar zur Unterstützung der kognitiven Leistungsfähigkeit – Kreatin hat seinen Platz in der modernen Ernährungswissenschaft verdient. Wer sich an die empfohlene Dosierung hält, kann die Vorteile nutzen, ohne gesundheitliche Risiken einzugehen.

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